Mit einem Werkstattgespräch hat die CDU am 10. und 11. Februar 2019 im Berliner Konrad-Adenauer-Haus über Fragen zur Migrations- und Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa diskutiert. Teilnehmer waren vor allem Praktiker der Sicherheits- sowie der Migrations- und Flüchtlingspolitik. „Nur so können wir das Thema in seiner gesamten Breite besprechen“, sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer vom Rundpodium aus freisprechend mit Handmikrofon zur Eröffnung. Für die CDU-Vorsitzende ist klar: „In der Migrations- und Flüchtlingspolitik haben wir in den letzten Jahren viel erreicht. Wir wissen aber auch: Es gibt noch viel zu tun.“

Als Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat thematisch damit befasst, habe ich als interessierte Zuhörerin beim Werkstattgespräch Migration, Sicherheit und Integration hautnah miterlebt, wie der gesamte Prozess der Steuerung und Ordnung der Migration auf seine Wirksamkeit hin überprüft wurde. Nachfolgend möchte ich Ihnen die wichtigsten Informationen und Ergebnisse hierzu mitteilen.

Zunächst muss man sich klar machen, dass Deutschland in zweierlei Hinsicht von Migrationsbewegungen betroffen ist: Erstens sind wir als wohlhabender Staat inmitten Europas nach wie vor eines der Hauptziele von Zuwanderung und zweitens sind wir ein starkes Zentrum in Europa. Letzteres heißt, alles, was wir tun – auch im nationalen Kontext – hat unmittelbare Auswirkungen auf die Diskussionen innerhalb anderer europäischer Staaten. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

Als Volkspartei ist es unsere Aufgabe, dass wir uns diesen Herausforderungen stellen und Lösungen finden. Diese Lösungen müssen auf der einen Seite national funktionieren und Sicherheit garantieren – denn das ist unser Markenkern als CDU. Zugleich müssen sie aber auch dazu beitragen, dass wir einen zweiten Schutzmantel – ein starkes und funktionierendes Europa – dadurch nicht aufgeben oder gefährden. Diesen Spagat müssen wir in unserer Migrations- und Sicherheitspolitik für die Zukunft gewährleisten.

In der Migrationspolitik ist es die Aufgabe der Union, verbindende Lösungen zu finden. Wir müssen Humanität und Härte vereinen, also gleichzeitig die Menschenwürde jedes Einzelnen achten, aber dennoch auf allen Ebenen konsequent handeln.

Wir haben aus dem Jahr 2015 gelernt. Das war eine besondere Situation. Sie darf sich nicht wiederholen. Seitdem haben wir in Deutschland und Europa den gesetzlichen Rahmen sowie die Strukturen und Instrumente zur wirksamen Steuerung, Ordnung und Begrenzung der Migration stark weiterentwickelt.

Wir brauchen ein umfassendes und in sich schlüssiges Migrationsmonitoring für alle Formen der Migration, inklusive der Reisebewegungen. Damit sollen Migrationsbewegungen und entstehende Brennpunkte in einem Frühwarnsystem sichtbar gemacht werden.

Zurück zum Inhalt und Ablauf des Werkstattgesprächs – „Butter bei die Fische“ gab es in vier Arbeitsgruppen:

In Werkstatt 1 ging es darum, wie wir die europäischen Außengrenzen besser schützen und gleichzeitig für Sicherheit im Schengen-Raum sorgen können.

In Werkstatt 2 war die Ordnung und Steuerung der Migration in und nach Deutschland zentrales Thema – von schnelleren Asylverfahren bis hin zur Fachkräftezuwanderung.

In Werkstatt 3 ging es vor allem um eine wirksame Abschiebepraxis.

Und in Werkstatt 4 – in der ich unter der Leitung der Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Annette Widmann-Mauz, und dem Oberbürgermeister der Stadt Essen, Thomas Kufen, mitarbeiten durfte – drehte sich alles um die Frage, wie wir die Integration von Zuwanderern mit Bleiberecht verbessern können.

Die Vorschläge aus den jeweiligen Werkstätten liegen nun auf dem Tisch und werden innerhalb unserer Partei weiter diskutiert. Das Präsidium und der Bundesvorstand der CDU werden darüber beraten, wie die CDU mit diesen Vorschlägen weiter umgeht, insbesondere mit Blick auf das Europawahlprogramm, Verbesserungen beim Gesetzesvollzug oder nötige gesetzgeberische Maßnahmen.

Annegret Kramp-Karrenbauer dankte am Schluss allen Teilnehmern. „Ich habe das Gefühl, dass heute eines der spannendsten politischen Formate in Deutschland nicht im TV zu sehen war, sondern hier bei der CDU.“

Ich sage, das Werkstattgespräch hat Mut gemacht in einer Debatte mit vielen unterschiedlichen Positionen und Meinungen. Es hat gezeigt, dass wir die Fähigkeit zur konstruktiven Auseinandersetzung nicht verloren haben.

 

Die Ergebnisse der Werkstattgespräche:

 

  1. Schengen muss vollendet werden

Wir streben an, dass es in der EU nur ein einmaliges Asylverfahren für einen Asylbewerber geben darf. Es darf künftig keine Möglichkeiten für Antragstellungen in mehreren Ländern geben. Unser Ziel ist außerdem gemeinsame Standards für die Anerkennung von Asyl in Europa.

Die europäische Grenzagentur FRONTEX wollen wir so zügig wie möglich zu einer operativen Grenzpolizei ausbauen. In einem Zwischenschritt soll die Europäische Grenzpolizei zunächst den jeweils nationalen Grenzschutz unterstützen. Deutsche Polizisten sollen sich an der europäischen Grenzpolizei beteiligen.

Die Pläne der Europäischen Union für ein elektronisches Ein- und Ausreiseregister unterstützen wir.

Bereits an den Schengen-Grenzen muss geprüft werden, ob ein Asylanspruch, ein Flüchtlingsstatus oder ein anderer Einreisegrund vorliegt. Bereits an den Außengrenzen des Schengenraums, in Hotspots und Transitzentren, müssen die Zurückweisung nicht einreiseberechtigter Personen und die Rückführung der Personen ohne Asylgrund und ohne Flüchtlingsstatus erfolgen. Dafür müssen wir das Schengen-Informationssystem entsprechend ausbauen. Wir wollen ein einheitliches Datensystem für die Behörden, national und auch international.

 

  1. Migration in und nach Deutschland ordnen, steuern und begrenzen

Die Attraktivität Deutschlands für nicht schutzbedürftige Personen muss weiter verringert werden. Für Personen aus Marokko, Tunesien, Algerien und Georgien müssen beschleunigte Asylverfahren möglich sein. Auch viele andere Staaten mit einer Schutzquote von unter fünf Prozent müssen zügig entsprechend eingestuft werden. Auch über diese Staaten hinaus wollen wir Verfahren und den Instanzenzug beschleunigen und verkürzen.

Zur Sicherung der deutschen Grenzen brauchen wir eine intelligente Grenzüberwachung bis hin zu Zurückweisungen, die die nötige Flexibilität hat, um anlassbezogen auf die Entwicklung von Brennpunkten reagieren zu können. Neben dem 30-Kilometer-Grenzbereich müssen dazu anlassbezogene Kontrollen entlang der Reisewege gehören. Dazu wollen wir die Befugnisse der Bundespolizei für grenz- und aufenthaltsrechtliche Maßnahmen in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich ausweiten.

Bei gewalttätigem Verhalten, Täuschen über tatsächlich vorhandene Finanzmittel, Verletzung der Pflicht zur Wohnsitznahme und jeglicher Verletzung der Pflicht zur Mitwirkung im Asylverfahren müssen wir künftig deutlich spürbare Sanktionen verhängen können.

Ausweisungen straffällig gewordener Asylbewerber müssen unter erleichterten Bedingungen möglich sein. Asylbewerber, die zu einer Strafe von 90 Tagessätzen oder mehr verurteilt werden, die Gewalt gegen Polizisten oder Sexualstraftaten verübt haben, müssen sofort ausgewiesen werden. Diese Ausweisungen müssen für den gesamten Schengenraum gelten. Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe sollte bereits gesetzlich zu einem Verlust des Aufenthaltsrechts führen. Asylberechtigten, Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten, die eine schwere Straftrat begehen, muss der Schutzstatus leichter entzogen werden können.

 

  1. Ausreisepflicht besser durchsetzen

Ausreisepflichtige Personen, die versuchen sich durch Untertauchen ihrer Abschiebung zu entziehen, müssen in Abschiebehaft genommen werden können. Dazu müssen die bislang zu strengen Voraussetzungen für die Anordnung von Abschiebehaft gelockert werden. Gleichzeitig benötigen wir zusätzliche Abschiebehaftplätze. Wir wollen Ausreisegewahrsam ausweiten und Sicherungshaft erleichtern.

Wir brauchen praktikable Lösungen für die Identifizierung der Ausländer und eine unbürokratische Ausstellung von Pass-Ersatzpapieren. Staaten, die sich nicht kooperativ zeigen, muss mit geeigneten Maßnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und restriktiver Visapolitik begegnet werden, um künftig besser zu Lösungen zu kommen.

Ausreisepflichtigen, die selbstverschuldet an der Ausreise gehindert sind, müssen Leistungen gekürzt werden. Bei einer Wiedereinreise nach erfolgter Abschiebung muss Leistungsausschluss möglich sein.

 

  1. Integration stärken

Das komplexe Geflecht der Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen wollen wir entwirren. Kommunen sollen künftig nur für Integration zuständig sein, Aufenthalt und Rückführungen sollen in der Zuständigkeit der Länder und des Bundes liegen.

Wir wollen das Prinzip Fördern und Fordern in der Integration sehr konsequent umsetzen. Sprache und Wertevermittlung müssen von Anfang an für alle mit differenzierten Angeboten praktischer die Menschen erreichen. Deshalb wollen wir kommunale Integrationsvereinbarungen konsequent umsetzen und stärken. Insbesondere für Integrationsverweigerer brauchen wir wirksame Instrumente der Leistungskürzung.

Die Wertevermittlung muss unabhängig von Integrationskursen schon sehr frühzeitig beginnen. Dafür brauchen wir auch neue Dialogstrukturen.