Am Donnerstag, den 7. April 2022, sind im Deutschen Bundestag alle Initiativen im Zusammenhang mit der Impfpflicht durchgefallen. In namentlicher Abstimmung wurden die vier nachfolgenden Anträge wie folgt abgestimmt.

Ein abgeänderter Kompromissvorschlag, der unter anderem eine Impfpflicht ab 60 Jahren zum 15. Oktober 2022 vorsah, wurde mit 296 Ja-Stimmen und 378 Nein-Stimmen bei 9 Enthaltungen abgelehnt.

Unseren Vorschlag, den Vorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, einen Antrag für ein Impfvorsorgegesetz, welches unter anderem den Aufbau eines Impfregisters und die Stärkung der Impfkampagne vorsah, wurde ebenfalls abgelehnt. Wir haben einen gestaffelten Impfmechanismus vorgeschlagen, der unter bestimmten Voraussetzungen vom Bundestag aktiviert werden sollte. Bei immer wieder neuen Virusvarianten und fortbestehenden Impfschutzlücken in der Bevölkerung bedürfe es eines vorausschauenden und flexiblen Impfvorsorgekonzepts, um das Land gegen künftige Pandemiewellen zu wappnen, war unsere Idee. Der Antrag meiner Fraktion war meiner Meinung nach in der momentanen Lage der einzige mehrheitsfähige Vorschlag und ich bin betrübt, dass dennoch keine Lösung in dieser so wichtigen Frage für uns alle gefunden werden konnte. Es fand sich jedoch bei 172 Ja-Stimmen, 496 Nein-Stimmen und neun Enthaltungen keine Mehrheit.

Der dritte Vorschlag verschiedener Abgeordneter unterschiedlicher Fraktionen um FDP-Abgeordneten Wolfgang Kubicki haben wiederum einen Antrag gegen die allgemeine Impfpflicht vorgelegt. Der Antrag zielte darauf ab, die Impfbereitschaft in der Bevölkerung ohne eine Verpflichtung zu erhöhen. Es sollte an die Bürger appelliert werden, die empfohlenen Angebote einer Corona-Schutzimpfung wahrzunehmen. Der Antrag der Gruppe um Kubicki und andere erhielt 85 Ja-Stimmen bei 590 Nein-Stimmen und 12 Enthaltungen.

Der vierte Vorschlag der AfD-Fraktion positionierte sich eindeutig gegen eine gesetzliche Impfpflicht. Er erhielt lediglich 79 Ja-Stimmen gegen 606 Nein-Stimmen.

In der fast vierstündigen Schlussdebatte mit namentlichen Abstimmungen warben zahlreiche Redner um Zustimmung für die von ihnen jeweils vertretenen Konzepte. In der emotionalen und erneut kontrovers geführten Debatte hob insbesondere mein Kollege, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sepp Müller, ganz klar die Vorteile unseres Vorschlages hervor:

Unser Antrag bedeutet Vorsorge. Er sieht unter anderem drei Punkte vor. Wir möchten erstens ein Impfregister, um zu wissen, wer denn überhaupt in unserem Land ngeimpft ist. Wir wollen zweitens im Zusammenhang mit der Einführung dieses Impfregisters die Menschen anschreiben und darüber informieren, welche Möglichkeiten sie haben, sich impfen zu lassen. Drittens nwollen wir die Möglichkeit schaffen, dass wir regelmäßig einen Bericht des Bundesgesundheitsministers hier im deutschen Parlament beraten. […]

Auch sprach unser Fraktionsvorsitzender, Friedrich Merz, in der Schlussdebatte. Allerdings geschah dies nicht als Redner, sondern im Rahmen einer Kurzintervention, weil er häufiger im Rahmen der Debatte angesprochen wurde. Zutreffend stellte er fest:

Aber darf ich mir doch einmal den Hinweis erlauben dass die Tatsache, dass Sie sich überhaupt so intensiv mit uns beschäftigen müssen, ihre Ursache allein darin hat, dass die Fraktion der FDP überhaupt keine Zustimmung zu einer Impfpflicht im Deutschen Bundestag erwägt. Überhaupt keine Zustimmung. Wenn Sie es wirklich ernst meinen mit einem Kompromiss, dann manipulieren Sie nicht die Reihenfolge der
Abstimmungen, in der wir jetzt vorgehen. Denn das ist der entscheidende Test, ob Sie es mit einem Kompromiss ernst meinen. Der weiter gehende Antrag ist Ihrer. Unser Antrag ist ein weniger weit gehender Antrag. Diesen Antrag können wir gemeinsam beschließen und in einem Gesetz im Deutschen Bundestag auf den Weg bringen. Aber nicht so, wie Sie es machen, um offensichtlich davon abzulenken, dass Sie in Ihrer eigenen Regierung keine Mehrheit für das haben, was aus der SPD-Fraktion kommt.“

Auch mein Kollege Herr Irlstorfer sprach zu diesem wichtigen Thema und hob hervor, dass wir eine Grundlage für mehr Informationen benötigen und kritisierte zugleich auch, dass es innerhalb der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen keine Einigkeit gab:

Ich mag es nicht, wenn man hier in die Glaskugel schaut. Keiner von uns hat die Gewissheit und weiß wirklich, was im kommenden Herbst und Winter geschehen wird. Unser Vorschlag bietet die Möglichkeit – das ist hier ein bisschen zu kurz gekommen – einer Evaluierung der Lage. […] Aus der Not heraus machen Sie Gruppenanträge, weil Sie sich nicht einig sind. Das ist doch die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn wir dann noch über „Focus Online“ erfahren, dass Bundeskanzler Scholz Frau Baerbock auffordert, sie solle doch das NATO-Treffen früher verlassen, um zur Abstimmung über die Impfpflicht zu kommen, spricht das doch Bände […]

Es war insgesamt eine sehr wichtige Debatte, die auch zu unserer Demokratie gehört. In einer repräsentativen Demokratie spiegeln die Abgeordneten auch den Willen der Mehrheit der Bevölkerung. Fehlende Mehrheiten sprechen damit auch für fehlende Zustimmung. Dabei darf man nicht vergessen, dass die Frage nach einer Impfpflicht bereits sehr lange und breit von der neuen Bundesregierung diskutiert wurde. Ihre Uneinigkeit in dieser Frage hat aber dazu geführt, dass diese Frage immer wieder aufgeschoben wurde. Somit war leider abzusehen, dass die Zustimmung zu einer Impfpflicht im Laufe der Zeit weiter sinken wird.

Dennoch muss es jetzt darum gehen, die Impfkampagne aufrecht zu erhalten und weitere Maßnahmen zu treffen, um eine mögliche neue Infektionswelle im Herbst zu verhindern. Als Opposition werden wir diese Maßnahmen und die genaue Beobachtung der Entwicklung weiterhin von der neuen Bundesregierung einfordern.

Die Schlussdebatte einschließlich aller einzelnen Rednerinnen und Redner kann von der nachfolgenden Webseite des Deutschen Bundestages abgerufen werden: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw14-de-impfpflicht-886566.