Am Mittwoch, den 25. August 2021, fand im Rahmen der außerplanmäßigen Sondersitzung eine Regierungserklärung mit unserer Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel statt.

„Die Entwicklungen der letzten Tage sind furchtbar; sie sind bitter. Für viele Menschen in Afghanistan sind sie eine einzige Tragödie, ganz besonders für diejenigen, die sich für eine freie Gesellschaft, für Demokratie und Bildung eingesetzt haben und die nun um ihre Sicherheit fürchten müssen“, sagte die Kanzlerin zu Beginn ihrer Rede.

Sie hob auch die Arbeit und den Einsatz der nahezu 500 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die die deutsche Evakuierungsmission am Flughafen Kabul und in Taschkent leiten und unter anderem auch die internationalen Partner unterstützten, hervor.

Insgesamt sei die Geschwindigkeit der Entwicklung jedoch unterschätzt worden. Sie betonte in einer persönlichen Anmerkung, dass „die internationale Staatengemeinschaft […] nicht hinterher, im Nachhinein entscheiden“ konnte, sondern das es zunächst „[…] gute Gründe dafür gab, den Menschen in Afghanistan nach dem Abzug der Truppen wenigstens in der Entwicklungszusammenarbeit weiter zur Seite zu stehen, ganz konkrete Basishilfe, von Geburtsstationen bis zur Wasser- und Stromversorgung, zu leisten.“

Das Ende der Luftbrücke in einigen Tagen dürfe nicht das Ende der Bemühungen sein, „afghanische Ortskräfte zu schützen und den Afghanen zu helfen, die durch den Vormarsch der Taliban in noch größere Not gestürzt worden sind“, erklärte die Bundeskanzlerin. Sie fügte hinzu: „Deshalb wird in diesen Tagen intensiv auf allen Ebenen daran gearbeitet, wie wir auch dann Wege schaffen können, weiter diejenigen, die uns geholfen haben, zu schützen, unter anderem durch einen zivilen Betrieb des Flughafens in Kabul.

Sie fasste am nochmal kurz zusammen:

„[…] was wir jetzt in und für Afghanistan tun. Erstens. Wir setzen die Evakuierungsoperation so lange wie möglich fort, […] Zweitens. Wir unterstützen die Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen bei der Notversorgung der Menschen in Afghanistan insbesondere das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen bei der Versorgung geflüchteter Afghanen in den Ländern der unmittelbaren Nachbarschaft. Hierfür werden wir uns auch innerhalb der Europäischen Union einsetzen. Drittens. Wir scheuen nicht davor zurück, Gespräche mit den Taliban zu führen […]“.

Im Anschluss folgte eine Debatte.

Auch einer der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und zugleich der Vorsitzende unserer Landesgruppe Schleswig-Holstein, Dr. Johann Wadephul, ging dabei auf die Rolle der Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten ein. “ […] Unter ungeheurem Stress und schwersten seelischen Belastungen retten sie Tausende Menschen – Menschen, deren Verzweiflung kaum Grenzen kennt, Frauen, Kinder, Männer, die befürchten müssen, Opfer der Rache der Taliban zu werden. […]  für eine Brücke der Hoffnung. Dafür sind wir ihnen unendlich dankbar. Wir stehen als Parlament und Nation in der Schuld dieser Frauen und Männer“, sagte Dr. Wadephul. Er ging auf die Rolle der Bundeswehr ein und betonte, dass auch eine Aufarbeitung stattfinden müsse, um die Entwicklungen genau zu analysieren. Zugleich verteidigte er den Einsatz in Afghanistan, der „ein besseres, ein menschenwürdiges Leben, eine gewisse Teilhabe am politischen Leben […] Bildung“ ermöglicht habe.

Abschließend plädierte er dafür, dass die Bundeswehr eine hinreichende Unterstützung bräuchte und befürwortet, die Ausgaben für Verteidigung auf zwei Prozent (des Bruttoinlandsprodukts) erhöht werden. Man dürfe aber Afghanistan in der Zukunft nicht alleinlassen.

Die gesamte Regierungsbefragung mit anschließender Debatte im Wortlaut finden Sie hier … 

Im Anschluss an die darauffolgende Debatte wurde über den von der Bundesregierung eingebrachten Antrag „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan“ in namentlicher Abstimmung abgestimmt.

Mit 539 Ja- zu 9 Nein-Stimmen, bei 90 Enthaltungen wurde dem Antrag und damit der Evakuierungsmission nachträglich zugestimmt.

Zum Hintergrund: Die Taliban waren 2001 von einer US-geführten Militärkoalition von der Macht vertrieben worden, nachdem sie Osama bin Laden beherbergt hatten. Vor allem seit dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes Ende 2014, der von einem Ausbildungseinsatz abgelöst wurde, haben die Taliban wieder an Stärke gewonnen. Am 29. Februar 2020 haben die USA mit der Taliban-Führung in Katar ein Friedensabkommen unterzeichnet. Das Abkommen regelte den Abzug der ausländischen Truppen – eine langjährige Hauptforderung der Taliban-Bewegung – eine Anti-Terror-Garantie seitens der Taliban, die Modalitäten für einen umfassenden Waffenstillstand sowie den Beginn von intra-afghanischen (Friedens-)Verhandlungen. Nach dem Abzug der Truppen begann im Sommer 2021 eine gewaltige Militäroffensive der Taliban, die zunehmend und überraschend schnell (nicht zuletzt auf Grund der geringen Gegenwehr der afghanischen Streitkräfte) zunächst Provinzhauptstädte und dann innerhalb von wenigen Tagen zunehmend größere Städte des Landes einnehmen konnte.