Die Bundestagsabgeordnete Petra Nicolaisen hat sich gegen die Form der von Finanzminister Scholz erneut ins Spiel gebrachten Verwendung des Haushaltsüberschusses zur Entschuldung einiger Kommunen ausgesprochen. In Berlin forderte sie stattdessen strukturelle Änderungen, um eine Neuverschuldung aller Kommunen dauerhaft zu mindern.

„Der Abbau kommunaler Altschulden bei den Kassenkrediten ist von großer Bedeutung. Wir brauchen Klarheit, wie die Altschulden der betroffenen Kommunen beglichen werden sollen. Dabei dürfen aber keine falschen Erwartungen und Hoffnungen geweckt werden, wie Scholz sie befeuert“, so die Schleswig-Holsteinische Abgeordnete. „Berücksichtigt werden muss in der Diskussion auch, dass viele Kommunen in Deutschland durch sparsame Haushaltsführung und große Sparprogramme oder durch den Aufschub von Erhaltungs- und Ersatzinvestitionen dazu beigetragen haben, dass sie keine oder nur geringe Kassenkredite aufnehmen mussten. Das blendet Minister Scholz offenbar aus, denn ihnen gegenüber, wie z.B. dem Schleswig-Holsteinischen Neumünster, wäre die Entschuldung anderer Kommunen ungerecht.“

„Für die kommunale Finanzausstattung sind verfassungsrechtlich allein die Länder verantwortlich“, so Nicolaisen weiter. „Die Neuordnung des Länder-Finanzausgleichs ab 2020 leistet einen wichtigen Beitrag, die Kommunen zu entlasten. Allein dadurch stehen den Ländern zehn Milliarden Euro jährlich zusätzlich zur Verfügung. Diese zusätzlichen Mittel sind kein Beitrag zur Konsolidierung der Landeshaushalte, sondern für den Abbau von Ungleichheiten bei der kommunalen Finanzlage in den einzelnen Ländern zu nutzen.

Ebenso wichtig sind strukturelle Änderungen, um eine Neuverschuldung der Kommunen dauerhaft zu verhindern. Dazu gehören eine grundlegende Verständigung auf eine kommunale Mindestausstattung als Grundlage der auskömmlichen Kommunalfinanzierung durch die Länder, eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung auf die Kommunen unter stärkerer Berücksichtigung von Sozialausgaben, Einwohnerzahlen und Fläche sowie eine Untersuchung der Leistungsgesetze des Bundes. Hier muss die langjährige Belastung von Kommunen durch Finanzmittel berücksichtigt werden, die ihnen im Rahmen der Konnexität von Bund und Ländern zur Verfügung gestellt wurden. Die Länder müssen durch gesetzliche Anpassungen deutlich machen, dass sie solche strukturellen Änderungen nicht nur unterstützen, sondern auch umsetzen. Die Länder müssen jetzt entsprechend liefern. Die Bundesregierung sollte dies anstoßen und den Prozess eng begleiten. Die Kommunen erwarten zu Recht, dass jetzt gehandelt wird.“

Der Bund habe sich in den letzten Jahren bereits sehr kommunalfreundlich gezeigt, indem er z.B. die Grundsicherung im Alter übernommen und die Kommunen jährlich ab 2018 in Höhe von 5 Milliarden Euro jährlich unterstütze. Darüber hinaus stärke der Bund sie über das Kommunalinvestitionsprogramm im Umfang mehrerer Milliarden Euro und trage damit zur Entlastung und Stärkung kommunaler Haushalte bei.

 

Zum Hintergrund: Trotz der sich abschwächenden Konjunktur hat der Bund im vergangenen Jahr im Zusammenwirken von niedrigen Zinsausgaben, guten Steuereinnahmen und hoher Beschäftigung einen Rekordüberschuss von 13,5 Milliarden Euro erzielt. Zum dritten Mal seit 2015 weist der Bund damit ein Haushaltsjahr mit zweistelligem Überschuss aus. Der Überschuss wird laut Haushaltsgesetz in die bestehende Rücklage überführt. Das Geld wird in den nächsten Jahren für ein hohes strukturelles Defizit beim Bund, das nur über die Rücklagenentnahme und hohe Globale Minderausgaben gedeckt werden kann, benötigt. Bisher nicht finanziert sind höhere Investitionen, höhere Ausgaben für die innere und äußere Sicherheit sowie voraussichtlich höhere EU-Abführungen im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens ab 2021.