Am Mittwoch, den 26. Januar 2022, haben wir uns im Deutschen Bundestag in einer Orientierungsdebatte – ganz ohne Fraktionszwang – mit der in der Öffentlichkeit viel diskutierten Impfpflicht gegen das Corona-Virus befasst. In der nahezu vierstündigen Aussprache wurde stellenweise kontrovers diskutiert. Insgesamt hatten 44 Abgeordnete die Gelegenheit, ihre Sicht in der Frage der Impfpflicht und zur Entwicklung der Corona-Krise darzulegen.

Wir Abgeordneten sollen in der sensiblen Frage der Impfpflicht ohne Fraktionszwang entscheiden dürfen, nicht zuletzt auch, weil die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP keinen eigenen Gesetzesvorschlag vorgelegt hat, was wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion scharf kritisiert haben. Es ist ein Armutszeugnis, dass die neue Bundesregierung sich weigert, einen eigenen Entwurf beziehungsweise Vorschlag zu machen. Stattdessen werden nun konkurrierende Gruppenanträge von Abgeordneten mit unterschiedlichen Zielsetzungen erwartet, die nach der Orientierungsdebatte vorgelegt werden sollen.

Eine Entscheidung könnte dann im März 2022 fallen. In einer so kritischen Situation wie der Omikron-Welle sollte man von einer Bundesregierung mehr Führung erwarten.

Deshalb haben wir in der Debatte als CDU/CSU-Bundestagsfraktion insbesondere auch diesen Aspekt thematisiert. Dr. Günther Krings äußerte sich als rechtspolitische Sprecher der Fraktion beispielsweise so:

„Bislang [wurde] in diesem Haus immer aus seiner Mitte heraus entschieden, Gruppenanträge zu stellen, etwa zu einer bioethischen Frage. Die Ampel gibt nun erstmals regierungsamtlich vor, wo eine Gewissensentscheidung greift und wo Gruppenanträge zu schreiben sind. Das ist nicht sehr parlamentarisch, meine Damen und Herren […].“ Es handele sich demnach um „eine orientierungslose Bundesregierung [,die sich] hilfesuchend ans Parlament wendet.“ Folglich sei es „Kein Wunder, dass die Bundesregierung zur Impfpflicht keine eigene Position bezieht, wenn sie für sich selbst offenbar gar keine Informationsgrundlage hat, um das tun zu können! Es reicht eben nicht, wenn der Bundeskanzler, wie letzte Woche hier geschehen, seine Privatmeinung zum Besten gibt.“.

Herr Krings ging aber auch auf die Impfpflicht ein und sagte:

„Das Ob, Wann und Wie einer solchen Impfpflicht muss aber wohlüberlegt sein. Es ist zwar nur ein kleiner Piks, den wir Menschen zumuten, aber es bleibt ein Grundrechtseingriff. Eine Impfpflicht muss also verfassungsrechtlich und politisch gut begründet sein. […] Unser Verfassungsgericht hat jedenfalls festgestellt, dass die Funktionsfähigkeit unseres Gesundheitssystems so wichtig ist, dass der Gesetzgeber handeln darf und soll, um dessen Überlastung zu verhindern. Zweitens muss die Impfpflicht geeignet sein, um im weiteren Verlauf der Epidemie auch einen Unterschied zu machen. Hier brauchen wir also seriöse Prognosen über neue Mutationen und auch über die Fortentwicklung der Impfstoffe – nicht sicheres Wissen, aber jedenfalls seriöse Prognosen auf vernünftiger Daten- und Faktengrundlage. Drittens setzt eine Impfpflicht voraus, dass sie administrierbar, durchsetzbar und notfalls auch sanktionierbar ist. Andernfalls wäre sie rechtlich schwer haltbar und würde gesellschaftlich wohl nicht akzeptiert werden. Und das heißt ganz konkret: Die Bundesregierung muss ihre Blockadehaltung gegen den unverzüglichen Aufbau eines Impfregisters aufgeben. Überwinden Sie Ihre Registerphobie, krempeln Sie die Ärmel hoch, und bauen Sie dieses Register endlich auf! Nicht zuletzt wegen der Zögerlichkeit der letzten Wochen kommt für die aktuelle Omikron-Variante offensichtlich eine Impfpflicht zu spät. Es  ist natürlich nicht auszuschließen, dass wir es mit weiteren Coronawellen zutun haben.“

Es muss ganz klar sein, dass wir für den kommenden Herbst gewappnet sein müssen, damit wir wieder – mehr oder minder – in eine vorpandemische Normalität zurückkehren können. Deshalb muss es darum gehen, dass wir unsere Bemühungen für die Impfkampagne verstärken und zugleich Vorbereitungen treffen, um für den kommenden Herbst gut gewappnet zu sein.

Die Schlussfolgerung von Herrn Krings ist daher naheliegend: „Deshalb brauchen wir jetzt aus meiner Sicht die Vorlage eines Vorratsgesetzes, das eine allgemeine Impfpflicht eben noch nicht unmittelbar einführen muss, das aber alle Regeln dazu schon einmal vorbereitet und mit dem wir dann eben für die weitere Entwicklung vorbereitet sind.“

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Herr Tino Sorge, sprach von einem „Versteckspiel“ des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Gesundheit. In diesem Zusammenhang ist es unverständlich, dass im Rahmen einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung – seitens unserer Fraktion – insbesondere die Fragen nach der Kontrolle und Ausnahmen bei der Impfpflicht – wie ich fand – nur unzureichend beantwortet wurde. Viele Fragen bleiben damit noch offen.

In diesem Zusammenhang sprachen wir uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch für ein Impfregister aus. Meine Kolleginnen und Kollegen haben nahezu in allen Reden betont, wie wichtig es ist, dass wir die Datengrundlage als Fundament für gesichertes Wissen verbessern. Ein Impfregister könnte nicht nur dazu dienen, die Umsetzung einer möglichen allgemeinen Impfpflicht zu kontrollieren, sondern auch dazu, Ungeimpfte gezielt anzusprechen, um sie vom Sinn einer Impfung zu überzeugen. Strategien der gezielten Ansprache und Aufklärung haben beispielsweise auch im Bundesland Bremen geholfen, eine überdurchschnittlich hohe Impfquote von über 89 Prozent zu erzielen.

Mein Kollege, Herr Sepp Müller, der zugleich auch stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, wies darauf hin, dass insbesondere neue Impfstoffe wie der des Herstellers Novavax (bereits zugelassen) oder des Herstellers Valneva (noch im laufenden Zulassungsverfahren) die Impfquote erhöhen könnten.

In Erwartung der nun hoffentlich zeitnah folgenden Anträge hoffe ich, dass eine geeignete Lösung gefunden werden kann.

Zum Hintergrund: Im Dezember 2021 hatte der Deutsche Bundestag bereits eine sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen, die ab Mitte März 2022 greift. Diese Impfpflicht gilt etwa für Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Ich habe hierzu in meinem Beitrag berichtet: https://petra-nicolaisen.de/archive/66332.

Für mich persönlich ist nach dieser Debatte eines ganz klar: Eine Impfpflicht muss gut vorbereitet sein, damit diese praktikabel und auch durchführbar ist. Sie muss zudem auch dafür sorgen, dass wir die Impfquote erhöhen können, um gemeinsam im Herbst auf eine möglichen weitere Welle vorbereitet zu sein.